KUNST ALS BINDEGLIED ZWISCHEN WISSENSCHAFT UND ÖFFENTLICHKEIT?
Im Parlament der Dinge nimmt Bruno Latour im Wesentlichen eine Neuvermessung des Verhältnisses zwischen Politik, Gesellschaft und Wissenschaft vor. Sein Grundanliegen dabei ist die Überwindung eines die Moderne kennzeichnenden platonischen Weltbildes, wonach die Wissenschaft jener objektiven Welt der Tatsachen, Politik und Gesellschaft der Welt der menschlichen Sinneswahrnehmungen angehören. Es ist ein wesentlicher Verdienst von Latours vorherigen wissenschaftssoziologischen Arbeiten, dass sie aufzuzeigen vermochten, dass die Wissenschaften samt ihrer produzierten Fakten nicht gänzlich unabhängig von ihren sozialen Kontexten existieren, sondern in bestimmter Hinsicht immer auch konstruiert sind. Latour zufolge ist die Wissenschaft immer schon Teil von Politik und Gesellschaft gewesen. Grob gesagt geht es Latour um die Herstellung von Verhältnissen und Verbindungen zwischen Wissenschaft und Gesellschaft (oder Öffentlichkeit), die diese soziale Konstruiertheit der Wissenschaft angemessen widerspiegeln. Darüber hinaus bedarf es auch der Bindeglieder, die selbstreflexive kritische Prozesse initiieren können.
Vor diesem Hintergrund geht die Arbeit der Frage nach, inwiefern der Kunst eine derartige Bindegliedfunktion zuteilwerden kann. Insbesondere geht es darum, ob Kunst in der Lage ist, selbstreflexive, kritische Prozesse in Gang zu setzen, die nicht nur vermitteln, sondern auch das Selbstbild der Wissenschaft hinter- fragen. Nur das wäre nämlich im Sinne Latours. Diskutiert wird diese Frage anhand der Arbeit Quantum Now von Anton Zellinger, die auf der Documenta (13) 2012 gezeigt wurde.
Verschränkungen
Verschränkungen – Eine Gedankenausstellung ist eine performative Installation an der Schnittstelle von Fotografie und Zellbiologie. Die spezifische Versuchsanordnung, die in Kollaboration mit dem Virologen Florian Hastert konzipiert wurde, erforscht Möglichkeiten der Vernetzung zwischen Kunst und Naturwissenschaften, um der menschlichen Perspektive mit heterogenen Zonen des Unähnlichen zu begegnen.
In der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Labor als Ort der Wissensproduktion beleuchtet Paul Pape das Dispositiv der Produktion naturwissenschaftlicher Fakten als geschliffene Ebenbilder der Natur. Eine wesentliche Position nehmen dabei die Apparaturen und Maschinen der Experimentalsysteme ein, die naturwissenschaftliche Erkenntnis immer bereits als eine vermittelte auszeichnen. Unter dem mikroskopischen Blick macht die Arbeit die Dingwelt ihrer Eigendynamik sichtbar, indem sie sich auditiv als Klang-Infektion verselbstständigt.
Durch eine eigens von Paul Pape konzipierte analoge Fotografie-Apparatur wird der Raum zudem selbst zu einem Datenraum, dessen Spuren in dem Prozess der Aufzeichnung und der direkten künstlerischen Transformation zu Artefakten werden.